Donnerstag, 24. Januar 2008

Internationale Beziehungen

Denkt an Mao, wenn ihr über Tibet redet
Bei all diesen Berichten und Kommentaren wird offenbar vergessen, wo China herkommt: es wurde von Mao geformt, der dafür getrost ca. 70 Millionen Chinesen opferte. Noch in der so genannten Kulturrevolution (1966-1969, offiziell erst mit Maos Tod 1976 beendet) wurden Millionen umgebracht. Deng, der Nachfolger Maos, der mehrfach die Leiden des Volkes rügte und von Mao deswegen ins Gefängnis gesteckt wurde, hat zwar die Grundlagen für eine Öffnung Chinas gelegt, aber niemals mit seinem System gebrochen. Noch heute regieren Greise mit der ursozialistischen idealistischen Vorstellung im Kopf, über das Wohl der Massen auch gegen ihren Willen zu gebieten. Mao führt die Liste der Staatsführer mit den meisten ermordeten Menschen an, dann folgt Stalin und schließlich Hitler. Olympiabesucher können im Mausoleum dem größten Schlächter der Menschheitsgeschichte ins Gesicht sehen und werden mit Geldscheinen, die sein Abbild tragen, bezahlen. Und wenn wir heute überall billige Waren aus China kaufen können, so ist auch dies eine Folge von Maos sozialistischer Volksfürsorge. Denn die winzigen Löhne, die die Menschen dort widerspruchslos hinnehmen, sind nichts gegen die Morddrohungen etwa in Form von organisierten Hungersnöten (stattdessen wurden die sozialistischen Bruderstaaten, auch die DDR, schon damals zu Vorzugskonditionen mit Getreide beliefert), denen noch ihre Eltern ausgesetzt waren. Also das Geschrei um Tibet erfolgt entweder scheinheilig oder aus purer Unkenntnis der Zusammenhänge. Auch die Tibeter mussten leiden, wie alle in China. Wenn nun im Westen die Gutmenschen auf die Straßen gehen, um in Tibet die Wiedereinführung der theokratischen Herrschaft der Mönche zu fordern, dann tut jede Aufklärung gut, selbst die der chinesischen Kommunisten. 21.04.2008
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Der Papst als Retter der "vielen Amerikanern, die sich zunehmend als schuldlose Opfer eines Bush-Regimes sehen, das über sie gekommen ist wie aus dem Weltraum." So ändern sich die Zeiten und so etwas steht in der Zeit, einmal ein Presseorgan, indem man zuvor darüber nachdachte, was man dann schriftlich zu Papier brachte. Jetzt aber hat der Biertisch auch Die Zeit vereinnahmt, dem es früher allein vorbehalten war, sich so schön genüsslich entblöden zu dürfen. Seis drum, die Amerikaner werden von einem Regime beherrscht, das aus dem Weltraum kommt, und unsere sozialhedonistische Gerechtigkeitsdiktatur sorgt unverdrossen für das Gute, Schöne und Wahre und mehr noch für das Alleinseligmachende - daher können unsere Journalisten auch so gut beurteilen, wie schrecklich die Italiener mit Berlusconi und die Franzosen mit Sarkozy zuvor gewählt haben. Dort bereiten sich nun auch Regime auf ihre Herrschaft vor. Und der Papst, eigentlich auch ein Gerechtigkeitsverräter (denn er bezweifelt die sozialistische Allmacht und behält sie seinem Gott vor - was ja auch viele meiner Mitkommentatoren gebührend rügen), ist immerhin noch gut genug dafür, im Feindesland wenigstens den Zeigefinger, besser den Bischofsstab, zu erheben. Wo uns der neoliberale Wind um die Ohren, oder dem Papst um die Mitra, fegt, da sind selbst solche hoffnungslos verstaubten Relikte unserer atavistischen sozial ungerechten Vergangenheit noch von Nutzen. Sein Segen ermutigt immerhin die Opfer: Haltet durch bis zu Obama! 20.04.2008
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Von wegen Sprüche eines alten Onkels
Obamas Rede A more perfect Union

Mit den Äußerungen seines langjährigen Pastors und Wahlkampfberaters, wonach die Weißen den Terrorangriff vom 9/11 verdient hätten, steht Obama am Wendepunkt seiner Kandidatur: wenn die afro-amerikanischen Wähler in ihn ihren Rächer für ihre rassistischen Leiden zu wählen glaubten, wären seine Chancen bei den Weißen begraben. Obama war einer Auseinandersetzung mit dem Rassismus in aller Öffentlichkeit bislang aus dem Weg gegangen. Nun hat er mit einer gewaltigen Rede von 40 Minuten Dauer dies nachgeholt, mit einer Rede zum Rassismus in den USA seit ihrer Gründung, die mit Sicher19.03.2008heit in die Analen eingehen wird, vielleicht noch mehr als Kennedys Rede im seinerzeitigen Wahlkampf zur Verteidigung seines katholischen Glaubens. Landauf, landab, in den konservativen wie demokratischen Medien findet sie heute in den USA Beachtung und Anerkennung. Die gegen die Weißen gerichteten Hasspredigten seines Seelsorgers wies er zurück, bat dennoch um Verständnis wegen der rassistischen Vergangenheit. Deren Überwindung feierte er mit dem Hinweis auf seine eigene Person: wie wäre anders seine in der ganzen Welt beispiellose Kandidatur für das Präsidentenamt möglich? 19.03.2008
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Republikaner stützen Obama im eigenen Interesse
Das sagt das Kalkül und wird bislang durch alle Umfragen bestätigt: Obama ist der Wunschkandidat der Republikaner. Dabei wird und wurde er auch verdeckt und und nunmehr sogar ganz offen von Republikanern unterstützt, die Hillary Clinton so wohl, wie es scheint, halfen, aus dem Rennen zu drängen. Die Gefahr für diese Strategie besteht besteht für die Republikaner darin, dass Obama durch all diese Taktiken ein solches Momentum erhält, das sich dann schließlich auch auf die eigentliche Präsidentschaftswahl überträgt. Ich würde dies auschließen, weil sich ja der gesamte politische Vorwahlkampf nur vor den Augen der Hälfte aller Wahlberechtigten abspielt, da traditionell die andere Hälfte gar nicht wählt und sich kaum für Politik interessiert. Das könnte indessen dann anders bei der erstmaligen Wahl eines schwarzen Präsidenten sein. Schon G.W. Bush hat eines der besten Wahlergebnisse in der Geschichte der USA eingefahren, weil er die Religiösen aus ihrer Wahlabstinenz zu holen vermochte. Mit ein paar geschickten Hinweisen, wie etwa auf Obamas arabischen Vornamen (Hussein) und seine moslemischen Verwandten (so etwas bewahrt man sich natürlich für die heiße Phase auf), könnte ein jedes Momentum schnell zum Stoppen gebracht werden.
Für vollkommen abwegig aber halte ich die Vorstellung der Europäer, Clinton und Obama seien zusammen unschlagbar, denn dies wäre eine Potentierung und gleichzeitige eine Neutralsierung der Minderheitenpositionen, von denen zwar jede ein ausreichendes Momentum erlangen könnte, die aber gemeinsam sich jede Kraft nehmen und sich in Interferenzen (Überlagerung) auslöschen würden.


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Wunschkandidat der Republikaner

Dass womöglich Obama an Clinton vorbeizieht, sagt sicher zuerst einmal etwas über das Charisma des Kandidaten aus, der in der Tat ohne Festlegungen den Wählern den Eindruck vermittelt, er werde alles ändern. Es scheint, als werde er auf einer immer größer werdenden Welle der Begeisterung zu den Erfolgen getragen, was vielleicht aber auch durch die Besonderheiten des Auswahlverfahrens begünstigt wird, wo starke Minderheiten durch Engagement (wie Registrierungskampagnen oder Teilnahme an Wahlversammlungen) Ergebnisse – vor allem in kleineren Staaten- wesentlich beeinflussen können. Es steht aber kaum zu erwarten dass dies alles auf die konservative Mehrheit in den USA überspringen könnte (wozu wohl auch die Nichtwähler –wiederum ganz überwiegend- gehören, die mit traditionell fast 50 % natürlich auch ein besonderes Wählerpotential stellen). Somit dürfte sich mit Obama der Wunschkandidat der Republikaner herauskristallisieren und die Demokraten dürften ihre Chance verspielen, die ihnen die politische Schwäche Gorge W. Bushs zu bieten scheint. 13.02.2008

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Europäische Fantasien
Zum Wahlsieg Obamas in South-Carolina



Wir träumen von einer schönen und gerechten Welt und dazu gehört auch die Vorstellung, dass ehemals unterdrückte Minderheiten ihre Chance selbst zum höchsten Amt haben. Aber es ist eben nur ein Traum und der Bericht aus South-Carolina beschreibt das ja auch ganz deutlich, Afro-Amerikaner prägen nicht nur das Bild auf der Straße, in South-Carolina stellen afro-amerikanische Wähler die Hälfte der eingetragenen Demokraten. Daher haben auch bei Obama, der sich ansonsten ja als ein über den Rassen stehender Kandidat versteht (bei 88 % Wählern nicht afro-amerikanischen Ursprungs einigermaßen zwingend), in seinen dortigen Wahlkampfreden plötzlich Themen zum Rassismus wieder im Vordergrund gestanden (worüber us-amerikanische Zeitungen berichteten). Mit dem Ergebnis von South-Carolina, wo Obama 25 Wahlmänner dazu erwarb, kommt er auf 167, während Hillary Clinton nun 249 hat, über 2.000 benötigt der jenige, der schließlich als demokratischer Kandidat aufgestellt werden wird. Wir Europäer haben gemeinhin gar keine Vorstellung, wie unterschiedlich die US-Staaten sind (worüber uns ja dankenswerter Weise auch der Bericht vor Ort aufklärt) und wir legen zu viel von unseren politischen Fantasien in die ferne Welt. Dabei werden diese Träume auch keineswegs bei uns selber von allen geteilt und würden wir, ähnlich wie in den USA, unseren Bundeskanzler per Persönlichkeitswahl bestimmen, dann hätte zumindest in den nächsten 15 Jahren kein Türke irgendeine Chance, die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich bekommen, geschweige denn, dass ihm zuvor die Ochsentour durch die Parteihierarchie gelingen könnte. Schon Angela Merkel ist bestes Beispiel für eine andere politische (nicht demographische) Minderheit: sie konnte diese Ochsentour für sich nur deswegen entscheiden, weil das über anderthalb Jahrzehnte bestandene System Kohl zusammenbrach und bei einem solchen Einsturz immer Hohlräume entstehen, die plötzlich von dem zu besetzen sind, der ihnen am nächsten steht. Und Angela Merkel stand dort, denn sie war eine der Wenigen, die sich zur Schuttbeseitigung nicht zu schade war. In einer solchen Situation befinden sich die USA trotz des Irak-Kriegs nicht. Bush (noch vor knapp vier Jahren mit einer der größten Mehrheiten in der US-Geschichte wieder gewählt) wird zwar nicht mehr geliebt, aber schon das überträgt sich nicht auf die Republikaner (weil es das geschlossene europäische Parteidenken nicht gibt). Und der Ruf nach einem Wechsel, das Motto bei den Demokraten, verhallt in der Wüste der Nichtwähler, die traditionell die Hälfte der Wahlberechtigten sind, und kehrt allenfalls als Unterstützung der Republikaner zurück (kein schwarzer Präsident, keine Präsidentin). Nein, wir sind heute so wenig für einen türkischstämmigen, muslimischen Bundeskanzler bereit wie die USA für einen schwarzen Präsidenten. 27.01.2008


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Demokratische Kür der Minderheitenvertreter


Wenn man die USA aus eigener Anschauung kennt, dann kann man sich nur wundern, wie sehr das europäische linksliberale Denken die Brille bei der Wahrnehmung des dortigen Geschehens beschlägt. Das zeigt dieser Beitrag nun Gott sei Dank einmal deutlich auf, wenn er die rassistischen und feministischen Probleme der Kandidaten beim Namen nennt. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung sind sowohl Barrack Obama als auch Hillary Clinton Vertreter politischer Minderheiten, bisher gab es 5 afroamerikanische und 35 weibliche von insgesamt knapp 1900 Senatoren in der US-Geschichte. Etwa 12 % der Gesamtbevölkerung werden den Schwarzen zugerechnet, bei den Frauen sind es natürlich statistisch etwas mehr als die Hälfte, von denen aber nur eine absolute Minderheit das teilt, was wir uns unter Feminismus vorstellen. Die die Schwarzen mittlerweile überwiegenden Hispanoamerikaner lehnen einen Farbigen als Politiker für sie ohnehin ab und hängen zudem mehrheitlich noch einem sehr traditionellen Frauenbild an. Den Republikanern kann somit gar nichts Besseres geschehen, als dass einer von den beiden der Kandidat der Demokraten wird, wobei Barack Obama (zudem noch mit seinem weiteren Vornamen Hussein) sicherlich der Wunschgegner der Republikaner wäre. Wir vergessen, wenn wir dies alles durch unsere europäische Brillen ansehen und beurteilen, dass die USA keineswegs eine Gesellschaft mit einer hohen politischen Sensibilisierung ist. Zur Wahl des Präsidenten gehen üblicherweise kaum mehr als 50 %, das heißt die Hälfte bleibt zu Hause. Das aber ist ein Reservoir, das jedes Ergebnis sogleich auf den Kopf stellt, wenn es einem Kandidaten gelingt, es anzuzapfen. George W. Bush war dies mit den konservativen und sogar mit den fundamentalistisch Religiösen gelungen, wodurch er plötzlich eines der besten Wahlergebnisse eines Präsidenten in der US-Geschichte erreichte. Und für mich steht zu erwarten, dass es im Wahlkampf den Republikanern um so leichter fallen wird, Stimmen aus diesem schier unerschöpflichen potentiellen Wählerreservoir zu erhalten, je mehr nach überholten Vorstellungen der demokratische Kandidat eine Außenseiterposition einnimmt, also mehr bei Barack Obama, weniger, aber immerhin auch noch, bei Hillary Clinton. 20.01.2008

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